Winter 2022/2023

Swissgrid teilt die Einschätzung des Bundes, wonach in Bezug auf die sichere Versorgung mit Strom im Winter 2022/2023 Unsicherheiten bestehen.

Die Verantwortung für die Stromversorgungssicherheit ist in der Schweiz auf verschiedene Akteure verteilt. Swissgrid verantwortet als nationale Netzgesellschaft den diskriminierungsfreien, zuverlässigen und leistungsfähigen Betrieb des Übertragungsnetzes.

Der Bundesrat hat zur kurzfristigen Erhöhung der Versorgungssicherheit verschiedene Massnahmen erlassen und Swissgrid neue Rollen übertragen.

Swissgrid arbeitet eng mit Partnern im In- und Ausland zusammen und setzt alles daran, ihren Beitrag an die sichere und zuverlässige Stromversorgung der Schweiz zu leisten. Die Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebs hat für Swissgrid absolute Priorität. Anfang Juli 2022 hat Swissgrid eine interne Taskforce eingesetzt. Diese verfolgt und analysiert laufend die aktuelle Situation und plant mögliche Massnahmen auf Basis von verschiedenen Szenarien.

Wasserkraftreserve

Der Bundesrat hat beschlossen, für den Winter 2022/2023 eine Wasserkraftreserve einzurichten. Die im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Mantelerlass) enthaltene Massnahme ist auf dem Verordnungsweg vorgezogen worden. Der Bundesrat hat die Wasserkraftreserve auf den 1.  Oktober 2022 in Kraft gesetzt. Die Auktion findet Ende Oktober 2022 statt.

Die Wasserkraftreserve sieht vor, dass Speicherkraftwerke gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten, die bei Bedarf abgerufen werden kann. Mit der Reserve soll eine Phase gegen Ende Winter mit reduzierten Importmöglichkeiten und geringerer Verfügbarkeit inländischer Produktion während weniger Wochen überbrückt werden können. Die eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom ging von einer Grössenordnung von 500 GWh plus/minus 166 GWh aus. Die Wasserkraftreserve soll vom 1. Dezember 2022 bis am 15. Mai 2023 vorgehalten werden.

In der Auktion, die Ende Oktober 2022 stattfand, wurde eine Gesamtenergiemenge von 400 GWh zu einem Durchschnittspreis von 739.97 Euro/MWh beschafft. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom hat die Angebote geprüft und die Zuschläge freigegeben. Die Kosten für die Reservierung des Wassers werden über die Tarife von Swissgrid finanziert. Es ist davon auszugehen, dass diese dadurch deutlich steigen werden.

Die Wasserkraftreserve sieht vor, dass Speicherkraftwerke gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten.
Die Wasserkraftreserve sieht vor, dass Speicherkraftwerke gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten.

Der Bundesrat hat Swissgrid die operative Abwicklung der Wasserkraftreserve per Verordnung übertragen. Swissgrid übernimmt damit eine neue Rolle, die über ihren bisherigen gesetzlichen Auftrag hinausgeht. Konkret stellt Swissgrid die IT-Systeme für die Abwicklung der Auktion und der Abrufe zur Verfügung. Swissgrid definierte und schulte zudem sämtliche Prozesse, führte die Auktionen durch und stellt die finanzielle Abrechnung sicher. Das bedarf einer engen Zusammenarbeit mit der Branche und neuer Verträge.

Die Reserve kommt dann zum Einsatz, wenn das Angebot am Markt am Tag vor der Lieferung die Nachfrage nicht mehr decken kann – wenn also der Markt nicht schliesst. Der Marktakteur, dessen Nachfrage nicht gedeckt werden kann, meldet seinen Bedarf an Swissgrid. Sie ruft dann bei den Reserveanbietern die notwendige Reserveenergie ab.

Die Wasserkraftreserve ist vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage, des fehlenden Stromabkommens mit der EU und den schleppenden Bewilligungsverfahren für den Bau von Produktionsanlagen und Netzinfrastruktur für die Stromversorgungssicherheit eine nachvollziehbare und umsetzbare Massnahme.

Mittel- und langfristig sind weitere Massnahmen nötig, um wirkungsvoll einem Strommangel zu begegnen. Swissgrid hat gemeinsam mit den Behörden und der Branche hierzu Vorschläge ausgearbeitet. Dazu gehören der Zubau an inländischer Produktionskapazität, beschleunigte Verfahren zum notwendigen Ausbau der Produktionsanlagen und Netzinfrastruktur sowie ein Stromabkommen mit der EU.

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Temporäre Spannungserhöhung auf den Leitungen Bickigen – Chippis und Bassecourt – Mühleberg

Der Bundesrat hat zur kurzfristigen Stärkung der Versorgungssicherheit verschiedene Massnahmen erlassen. Diese stehen im kommenden Winter zur Bewältigung von ausserordentlichen und kritischen Situationen bereit. Unter anderem sind temporäre Spannungserhöhungen der Übertragungsleitungen Bickigen – Chippis (Gemmileitung) und Bassecourt – Mühleberg vorgesehen.

Um Engpässe im Übertragungsnetz zu verhindern, ermöglicht der Bundesrat für den kommenden Winter eine temporäre Erhöhung der Betriebsspannung für die beiden Übertragungsleitungen zwischen Bickigen und Chippis (Gemmileitung) sowie zwischen Bassecourt und Mühleberg von 220 Kilovolt (kV) auf 380 kV im Zeitraum Januar bis April 2023. Engpässe im Schweizer Übertragungsnetz werden entlastet, um die Energie aus Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen vollumfänglich ins Mittelland zu transportieren. Im Notfall kann Swissgrid die Übertragungskapazität des Höchstspannungsnetzes aufgrund von festgelegten Kriterien des Bundes erhöhen.

Testbetrieb mit einer Spannung von 380 kV

Swissgrid bereitet sich aus technischer Sicht vor, die Leitungen Bickigen – Chippis und Bassecourt – Mühleberg im Falle einer angespannten Versorgungslage zeitweise mit einer Spannung von 380 kV zu betreiben. Die Massnahme ist nur für den Zeitraum Januar – April 2023 vorgesehen. Zwischen Mitte Dezember 2022 und Ende Februar 2023 findet auf beiden Leitungen ein Testbetrieb statt. Dabei wird die Spannung der bestehenden Leitungen temporär von 220 kV auf 380 kV umgestellt. Der Testbetrieb mit 380 kV wird nur durchgeführt, wenn es die Netzsituation zulässt. Der kombinierte Testbetrieb dient dazu, die Leitungen aus betrieblicher Sicht zu prüfen. Die beiden Spannungserhöhungen beeinflussen sich gegenseitig und können die Engpässe je nach Netzbelastung verschieben. Der Umfang und die Dauer des Testbetriebs wurden durch das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI) bewilligt

Bickigen – Chippis
Swissgrid bereitet die bestehende 220-kV-Leitung Bickigen – Chippis technisch für den temporären Betrieb mit 380 kV vor. Auf den Strommasten des Trassees Bickigen – Chippis verlaufen heute zwei 220-kV-Leitungen. Für die temporäre Spannungserhöhung werden alle Phasen um eine Position versetzt, damit die 220-kV-Leitung auf dem untersten Ausleger liegt. Dafür wurden an vier Strommasten im Bereich der Unterwerke Bickigen, Chippis und Wimmis die Leitungssysteme ausgekreuzt (siehe Infoblatt). Zudem wurden die Leitungseinführungen in die Unterwerke Bickigen und Chippis angepasst. Damit werden die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt möglichst minimiert sowie die Sicherheitsabstände der Leiterseile zum Boden, zu Häusern oder Seilbahnen eingehalten. Durch die Spannungsumstellung wird der Geräuschpegel leicht erhöht. Für die dauerhafte Spannungsumstellung auf 380 kV sind die geplanten Leitungsanpassungen erforderlich, die sich derzeit im Bewilligungsverfahren befinden.

Bassecourt – Mühleberg
Den Betrieb der Leitung Bassecourt – Mühleberg und des Transformators in Mühleberg hat Swissgrid bereits im Herbst 2021 erfolgreich mit einer Spannung von 380 kV getestet. Swissgrid ist damit aus technischer Sicht bereit, diese Leitung im Falle einer kritischen Versorgungslage zeitweise mit 380 kV zu betreiben. Für die dauerhafte Spannungsumstellung auf 380 kV sind die geplanten Baumassnahmen erforderlich, die seit Mitte August 2022 bis Ende 2023 in zwei Etappen ausgeführt werden.

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Netzanschluss des Reservekraftwerks in Birr

Jede unverbrauchte Kilowattstunde zählt. Nicht nur das Stromsparen ist wichtig, sondern auch der Zubau an Erzeugungskapazität. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht, den Swissgrid gemeinsam mit der Branche erarbeitet hat und der Anfang des Jahres 2022 Verwaltung und Politik präsentiert wurde. Somit begrüsst Swissgrid die Bemühungen des Bundes, eine strategische Reserve in Form eines Back-up-Kraftwerks ans Netz zu bringen.

Auf dem Betriebsgelände von General Electric (GE) in Birr (AG) wurden acht modulare, mobile Gasturbinen mit je ca. 30 Megawatt Leistung, insgesamt knapp 250 MW, installiert. Die Turbinen können mit verschiedenen gasförmigen und flüssigen Brennstoffen betrieben werden. Den Einsatz dieser Reservekraftwerke hat der Bundesrat in einer Verordnung geregelt. Der Abruf erfolgt durch Swissgrid. Diese Energiereserven können in ausserordentlichen Knappheitssituationen bis Ende April 2026 bei Bedarf eingesetzt werden.

Ein Netzanschluss in Rekordtempo

Um die Energie aus den mobilen Gasturbinen über das 220-kV-Unterwerk in Birr ins Übertragungsnetz einzuspeisen, musste Swissgrid einen neuen Netzanschluss erstellen. Der Netzanschluss für das Reservekraftwerk Birr steht ab dem 24. Februar 2023 bereit. Swissgrid hat den Netzanschluss in 6 Monaten errichtet, normalerweise dauert dies mehrere Jahre. Ein solches Projekt unter Hochdruck in nur wenigen Monaten umzusetzen, stellt eine enorme Herausforderung an das Projektteam, die beauftragten Lieferanten und Dienstleister dar. Dies bedarf zum einen der entsprechenden Infrastrukturbestandteilen wie Schaltanlage und Leitung. Zudem waren vor der Inbetriebnahme des Reservekraftwerks Birr in kurzer Zeit umfassende Vertragsverhandlungen zu betrieblichen Aspekten des Reservekraftwerks mit dem Bund und der Betreibergesellschaft notwendig. Höchste Priorität hat für Swissgrid die Sicherheit für Personen. Es wurde alles darangesetzt, dass zu jedem Zeitpunkt die Arbeitssicherheit gewährleistet ist. Die Investitionen für das gesamte Projekt betragen rund 16 Millionen Franken.


Regelenergie für einen sicheren Netzbetrieb

Strom kann im Übertragungsnetz nicht gespeichert werden, somit müssen die Stromeinspeisung und die -ausspeisung immer gleich hoch sein. Dies bedeutet, dass die Produktion und der Verbrauch von Energie stets im Gleichgewicht sein müssen. Dieses Gleichgewicht gewährleistet den sicheren und stabilen Betrieb des Netzes bei einer konstanten Frequenz von 50 Hertz. Bei unvorhergesehenen Schwankungen setzen die Operateure in den Netzleitstellen Regelenergie ein. Diese stellt eine Reserve dar, die die Kraftwerke für Swissgrid vorhalten und die bei Bedarf abgerufen werden kann. Entweder erhöhen oder senken die Kraftwerke kurzfristig ihre Leistung und kompensieren damit die fehlende oder die überschüssige elektrische Energie. Auch wenn Strom im Winter 2022/2023 knapp werden sollte, muss Swissgrid über genügend Regelleistung verfügen können. Deshalb wurden zur Absicherung für den Winter bereits frühzeitig Beschaffungen durchgeführt.

Die Mitarbeitenden der beiden Leitstellen in Aarau und Prilly überwachen das Schweizer Übertragungsnetz rund um die Uhr.

Notstromgruppen

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 19. Oktober 2022 die Vernehmlassung zur Verordnung über die Errichtung einer Winterreserve (Winterreserveverordnung) bis zum 18. November 2022 eröffnet, die spätestens Mitte Februar 2023 in Kraft treten soll.

Sie regelt, neben der Wasserkraftreserve und Reservekraftwerken, den Einsatz von Notstromgruppen als zusätzliche Reserve.

Der Einsatz von Notstromgruppen als zusätzliche Reserve für den kommenden Winter wird konkretisiert. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. November 2022 die weiteren Arbeiten zur Umsetzung dieser Reserve gutgeheissen. Ziel ist, Notstromgruppen mit einer Leistung von insgesamt rund 280 MW zu kontrahieren.

Das BFE hat eine Ausschreibung durchgeführt, um geeignete Pooler zu finden und mit ihnen Verträge über die Beteiligung an dieser Reserve abzuschliessen. Die Ausschreibung ist abgeschlossen. Der Bund hat mit Axpo, BKW und CKW Verträge mit einer Laufzeit von vier Jahren unterzeichnet, die eine Vertragssumme von insgesamt einer Million Franken vorsehen.

Als Pooler von Notstromaggregaten sind diese drei Unternehmen somit beauftragt, ein nationales virtuelles Reservekraftwerk aus Notstromaggregaten aufzubauen, die von ihren Besitzerinnen und Besitzern freiwillig gegen eine Entschädigung zur Verfügung gestellt werden. Diese können sich ab sofort bei den drei Poolern anmelden.

Swissgrid kommt wie bei der Wasserkraftreserve die operative Abwicklung zu und bereitet sich entsprechend vor.


Vernetzung mit Europa

Das Schweizer Übertragungsnetz ist Teil des kontinentaleuropäischen Verbundnetzes und mit 41 Grenzleitungen mit dem Ausland verbunden. Die enge Vermaschung des Stromsystems und die bisherige Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern trägt massgeblich zur Versorgungssicherheit der Schweiz bei. Auch im Hinblick auf den Winter 2022/2023 ist eine enge Zusammenarbeit mit den Partnern in Europa von grösster Wichtigkeit für die Systemsicherheit in der Schweiz und in den europäischen Nachbarländern. Stromautarkie würde das Risiko auf eine Strommangellage nicht entschärfen.

Würde sich die Schweiz im Inselbetrieb befinden, so müsste die gesamte Reserve für einen Kraftwerksausfall in der Schweiz auch in der Schweiz vorhanden sein. Ausfälle von grossen Kraftwerken müssten jederzeit ausgeglichen werden können. Bei einer Netzbelastung von 10 GW im Winter und 5 GW im Sommer würden mit dem Ausfall von Leibstadt 10 bis 20 Prozent der Leistung wegfallen. Das hätte massive Auswirkungen auf die Frequenz. Sie würde frappant absinken und eine Netzstörung verursachen. Ein Teilblackout bis zu einem vollständigen Blackout wären die Folge.

Eine Insellösung würde sowohl den sicheren Netzbetrieb als auch die Versorgungssicherheit gefährden. Der Gesetzgeber hat der Wichtigkeit der Vernetzung mit Europa im Stromversorgungsgesetz Rechnung getragen. Die Zusammenarbeit mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern und die Sicherstellung der ausreichenden internationalen Vernetzung des Schweizer Übertragungsnetz ist ein expliziter gesetzlicher Auftrag von Swissgrid (Art. 20, Abs. 2, Ziff. f. StromVG).

Die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern benötigt eine politische bzw. zwischenstaatliche Lösung. Nur eine solche schafft einen stabilen Rahmen für eine langfristig gesicherte Zusammenarbeit mit der EU und damit für eine hohe Versorgungssicherheit der Schweiz.

Die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern benötigt eine politische bzw. zwischenstaatliche Lösung.

Learnings aus den Wintern 2015/2016 und 2016/2017

Im Herbst 2015 zeichnete sich bereits eine angespannte Energie- und Netzsituation für den Winter 2015/2016 ab. Die Energiereserven in der Schweiz waren zu jenem Zeitpunkt aufgrund einer Verkettung besonderer Umstände knapp.

Swissgrid hat im «Strategischen Netz 2025» das Netz geplant, das die Schweiz unter Berücksichtigung der Energiestrategie 2050 bis im Referenzjahr 2025 benötigt. Dieses sieht zusätzliche Transformatoren in Mühleberg, Beznau, Chippis, Mörel und Romanel vor. Die Dringlichkeit der zügigen Implementierung der damit verbundenen Bauvorhaben wurde durch die Wintersituation 2015/2016 bestätigt. Swissgrid hat die zusätzlichen Transformatoren in Mühleberg, Beznau, Chippis und Romanel in den letzten Jahren installiert. Einige davon können aber aufgrund schleppender Netzprojekte noch nicht wie geplant eingesetzt werden, denn eine Transformierung ist nur dann möglich, wenn in den Unterwerken 220-kV- und 380-kV-Spannungsebenen zusammentreffen. Die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Leitungen ist Swissgrid deshalb ein wichtiges Anliegen.


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