Netzprojekt

Von Masten und Energie

Autor: Jan Schenk

Im Goms wird die alte Höchstspannungsleitung abgebaut. Dies entlastet das Landschaftsbild im Talgrund erheblich. Ein Gespräch mit Gerhard Kiechler, Gemeindepräsident von Goms (VS) über die Stromleitung und das energievolle Goms.


Das Wallis ist ein Energiekanton. Bereits heute produziert das Wallis rund ein Drittel der energie aus Wasserkraft in der Schweiz. Im nächsten Jahr geht mit dem Kraftwerk Nant de Drance ein zusätzlicher Pumpspeicher ans Netz. Damit diese Energie in die Bevölkerungszentren im Schweizer Mittelland transportiert werden kann, muss Swissgrid das Übertragungsnetz vom Val de Trient bis ins Obergoms auf eine Spannung von 380 Kilovolt ausbauen. Auch im Goms zeugt die neue Höchstspannungsleitung zwischen Ernen und Ulrichen davon.

Gerhard Kiechler steht vor dem schmucken Gemeindehaus und blickt empor auf die neue Leitung. «Wir tragen selbst dazu bei, dass es diese Leitungen braucht. Die Stromübertragung ist die logische Konsequenz, wir müssen den Strom vom Kraftwerk bis zur Glühbirne bringen», sagt Gerhard Kiechler. Für den Gemeindepräsidenten von Goms sind Energiethemen ständige Begleiter im Alltag. Die Gemeinde besitzt mehrere Kraftwerke, welche die Energie ins Verteilnetz einspeisen.

Am wichtigsten ist aber, dass die alten Leitungen wegkommen.

Gerhard Kiechler

Eine Leitung verschwindet aus den Dörfern

Ein Blick an den Südhang vom Grimselpass talwärts im Goms zeigt es. Hier ist etwas entstanden, was vorher noch nicht da war. Die neue Höchstspannungsleitung ist ein ständiger Begleiter entlang des Südhangs. Auf 57 Masten zieht sich die 380-Kilovolt-Leitung von Ernen bis Ulrichen. Doch die Fahrt durch die malerischen Dörfer im Goms verrät noch mehr. Hier ist auch etwas verschwunden, was Jahrzehnte lang die Dorfbilder geprägt hat: die alte Leitung. Seit Oktober 2019 fliesst Strom über die neue Höchstspannungsleitung auf dem Abschnitt zwischen Ernen und Ulrichen. In diesem Jahr laufen die Rückbauarbeiten an der alten Leitung. Die Vorteile dieses Rückbaus offenbaren sich vor allem dort, wo sich Menschen unter die Leitung begeben haben, etwa auf Wanderwegen oder Langlaufloipen. Auch das Landschaftsbild im Talgrund wird aufgewertet. Und der Campingplatz in Rekingen wurde mit dem Abbruch der alten Leitung sein räumlich geteiltes Schicksal los.

Wie lebt es sich ohne Leitung im Dorf?
Gerhard Kiechler: Man gewöhnt sich schnell an das neue Bild und kann sich fast nicht mehr vorstellen, wie es war, als die Leitung noch da war.

Die Leitung verschwindet nach und nach aus den Dörfern. Haben Sie Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten?
Am Stammtisch ist die Leitung schon länger kein Thema mehr. Darüber wird nicht mehr gesprochen. Auch der Rückbau hat nicht mehr viel daran geändert. Generell ist es halt so, dass das Positive meist stiller ist als das Negative.

Woran liegt das? Die neue Leitung ist doch weitherum sichtbar.
Ich habe immer gesagt, wartet fünf Jahre, dann sind die Narben in der Natur weg. In diesem Jahr ist der Wald schon wieder leicht nachgewachsen. Am wichtigsten ist aber, dass die alten Leitungen wegkommen. Diejenigen, die unter der Leitung wohnten, sind heilfroh, dass die Leitung weg ist.

Eine Episode verdeutlicht dies. In Rekingen gab es eine Petition aus der Bevölkerung, welche seinerzeit den Gemeinderat aufgefordert hatte, die Einsprache gegen die neue Leitung zurückzuziehen. Auch den Petitionären sei klar gewesen, «hübsch ist es in keinem Fall», aber wenigstens könne dann die neue Leitung gebaut werden, die viel weiter von den Dörfern weg ist.

Gerhard Kiechler
Gerhard Kiechler, Gemeindepräsident Goms

Energie ist allgegenwärtig

Die neue Höchstspannungsleitung war im Goms von Anfang an ein vieldiskutiertes Thema. Erste Projekte für die neue Leitung gab es bereits in den 1990er Jahren, noch lange bevor Swissgrid für das Projekt zuständig wurde. Für die Gemeinde ist es anspruchsvoll, solche Infrastrukturprojekte zu überblicken. Die öffentliche Planauflage war 2008. Der Baustart für die Leitung erfolgte 2017. «Als Gemeinde haben wir einen kleinen Einfluss», gibt Kiechler zu bedenken. Er vergleicht es mit dem damaligen Sachplanverfahren für den Flugplatz Münster. Damals hatte der Bundesrat entschieden, dass der Flugplatz im Sachplan bleibt. «Dadurch wurde mir klar, über die Leitung müssen wir nicht diskutieren, weil das Sachplanverfahren für die Stromletiung durch ist. Es geht darum, die beste Lösung für die Gemeinde zur Leitungsführung herauszuholen.» Kiechler sieht die Aufgabe der Gemeinde darin, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Die Gemeinde solle keine negativen Signale aussenden, sondern der Bevölkerung aufzeigen, dass diese Leitung notwendig ist.

Kiechler sieht in der neuen Leitung vor allem Vorteile: «Die neue Leitung sorgt dafür, dass die Gemeinde sicherer mit Strom versorgt wird. Auf dem neuen Trassee verläuft auch die 65-kV-Leitung. Dort ist diese sicher. In den vergangenen Jahren hatten wir hier wiederholt Stromausfälle, weil die Leitungen im Talgrund ausgefallen sind.»

Gerhard Kiechler schreitet im Goms selbst zur Tat. Im geplanten Erlebnispark «futurumgoms» soll sich die Bevölkerung zu Zukunftsthemen in den Bereichen Energie, Umwelt und Bildung informieren und die Forschung und Entwicklung neuer Projekte verfolgen können. Die Ausstellung widmed sich den wichtigsten Meilensteinen und Erfindungen aus dem Energiebereich, den unterschiedlichen Technologien zur Stromproduktion und der Zukunft der digitalen Gesellschaft. Ein wichtiger Bestandteil davon ist eine sichere Stromversorgung für das Wallis und das Goms.



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Jan Schenk
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Communication Manager


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