
Tagsüber wird gearbeitet, nachts fliesst der Strom. So lautet das Motto der Arbeiten an der Höchstspannungsleitung, die über den Sanetschpass zwischen den Kantonen Wallis und Bern führt.
Die in den 1950er-Jahren gebaute Leitung ist seit über 70 Jahren in Betrieb und muss nun umfassend saniert werden. An ihrem höchsten Punkt stehen die Masten auf 2200 Meter über dem Meer, sodass nur in den wärmeren Monaten daran gearbeitet werden kann. Das Projekt umfasst den Austausch von Leiterseilen (den stromführenden Kabeln) und Isolatoren, die strukturelle Verstärkung von 106 Masten und 24 Fundamenten sowie das Versetzen von drei Masten, die 2017 durch einen Erdrutsch in einem Berggebiet von Gsteig (BE) beschädigt worden waren.
Eine Baustelle der besonderen Art
Normalerweise werden die Leitungen bei Massnahmen dieser Grössenordnung für die Dauer der Arbeiten abgeschaltet und bleiben mehrere Monate ausser Betrieb. Die Leitung zwischen Chamoson (VS) und Mühleberg (BE) spielt jedoch eine zentrale Rolle für den Energietransport zwischen dem Wallis und dem Mittelland. Sie für längere Zeit ausser Betrieb zu nehmen, ist folglich keine Option.
Aus diesem Grund wurden verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Leitung zu sanieren, ohne die Transportkapazität des Netzes zu beeinträchtigen. Dafür wurden die Sanierungsarbeiten zunächst in zwei Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt begann 2024 und soll 2026 abgeschlossen sein. Mit dem zweiten Abschnitt wird 2030 begonnen. Nach Abschluss der Arbeiten wird die Leitung in Betrieb gehen und für drei Jahre Strom transportieren. Das ermöglicht den Spezialistinnen und Spezialisten von Swissgrid, Sanierungsarbeiten an weiteren Leitungen in der Region in Angriff zu nehmen.
Darüber hinaus wurde für die Bauarbeiten in Sanetsch ein neuer Ansatz gewählt: tagsüber arbeiten und nachts Energie transportieren. Innerhalb von nur fünf Monaten wurde diese Lösung realisiert, um den Transport der in den neusten Prognosen für 2025 erwarteten Energiemengen zu gewährleisten. Ein äusserst komplexes Unterfangen: Der tägliche Auf- und Abbau der Baustelleneinrichtungen innerhalb weniger Stunden stellt eine grosse logistische Herausforderung dar, die nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen Swissgrid und den ausführenden Unternehmen gemeistert werden konnte.
Eine Herausforderung der Zukunft
Dieses Projekt steht sinnbildlich für die Herausforderungen, denen Swissgrid in den kommenden Jahren begegnen wird. Zum einen stammen viele Leitungen von Swissgrid aus den 1950er- und 1960er-Jahren und müssen daher in naher Zukunft umfassend saniert werden. Zum anderen liegen zahlreiche Leitungen in Bergregionen, in denen die Arbeiten nur in den wärmeren Monaten möglich sind.
Gleichzeitig ist das Netz von Swissgrid unerlässlich, um den Energietransport von den Produktionsstandorten zu den Verbraucherzentren sicherzustellen. Besonders in den Sommermonaten, in denen die Produktion von Strom aus Solar- und Wasserkraft in der Regel höher ist, ist es wichtig, dass das Netz grosse Energiemengen transportieren kann.
Wenn eine Leitung für Arbeiten abgeschaltet wird, muss der Strom auf andere Leitungen umgeleitet werden. Das erfordert eine sorgfältige Planung – sowohl für die Arbeiten an den Leitungen als auch für die Steuerung der Energieflüsse. Swissgrid arbeitet gemeinsam mit ihren Partnern kontinuierlich an innovativen Lösungen, wie etwa dem neuen Ansatz am Sanetschpass oder der Digitalisierung von Prozessen.
Diese Optimierungen helfen, die zunehmende Komplexität der Einsatzplanung besser zu bewältigen. Ebenso wichtig ist es jedoch, die Bewilligungsverfahren für die Sanierung von Leitungen zu beschleunigen, wie dies in der derzeit in Bern diskutierten Gesetzesrevision vorgesehen ist.