
Wenn es um den Ausbau des Übertragungsnetzes geht, kommt häufig die Frage: Warum nicht einfach unter den Boden? Nun, es ist… sagen wir… «kompliziert». Denn auf den ersten Blick sind Erdkabel (das sind die Leitungen unter dem Boden) zwar eine elegante und sinnvolle Lösung. Doch sie bringen auch Probleme, besonders fürs Höchstspannungsnetz. Hier die wichtigsten fünf Gründe, warum Höchstspannungsleitungen (im Wechselstromnetz) im Normalfall als Freileitungen gebaut werden sollten.
1. Tempo statt Bürokratie
Heute müssen wir bei jedem Netzprojekt auch Erdkabel-Varianten (also eine Leitung unter dem Boden) prüfen. Und zwar unabhängig davon, ob sie sinnvoll sind oder nicht. Das bedeutet: längere Verfahren und höhere Planungskosten. Mit einem Fokus auf Freileitungen könnte der Netzausbau deutlich schneller und schlanker umgesetzt werden. Erdkabel blieben die Ausnahme. Und die Versorgungssicherheit würde schneller gestärkt. Wer ja sagt zur Energiezukunft, muss also auch ja sagen zur dazugehörigen Infrastruktur.
2. Die Rechnung bitte!
Man kann es durchrechnen, so oft man will: Erdkabel sind teuer – bis zu zehnmal teurer als Freileitungen. Auch, weil sie eine nur halb so lange Lebensdauer haben. Diese Mehrkosten verschwinden nicht im System, sondern landen am Schluss bei allen Stromkonsumentinnen und -konsumenten. Wer also für mehr Verkabelung plädiert, muss auch erklären, warum wir alle mehr für Strom bezahlen sollen.
3. Doppelt so lange Ruhe
Freileitungen sind robust: Sie halten rund 80 Jahre und lassen sich im Störungsfall oft in wenigen Stunden oder Tagen reparieren. Erdkabel dagegen müssen schon nach etwa 40 Jahren ersetzt werden. Und wenn sie kaputtgehen, wird es richtig kompliziert. Denn hier handelt es sich um Spezialanfertigungen. Ausfälle können Wochen oder gar Monate dauern.
4. Versorgungssicherheit first
Schauten wir ausschliesslich auf die Versorgungssicherheit, würden wir fast nur Freileitungen bauen. Wenn im Übertragungsnetz zu viele Abschnitte verkabelt werden, leidet die Netzstabilität (Spannungshaltung, Resonanzfrequenzen). Im schlimmsten Fall kann ein zu hoher Erdkabel-Anteil sogar den Wiederaufbau nach einer grossen Störung erschweren – das zeigt auch die Kabelstudie Schweiz.
5. Was man nicht sieht, ist noch lange nicht grün
Kabel im Boden = besser für die Umwelt? Leider nein! Vielleicht besser fürs Auge, aber die Ökobilanz zeigt ganz klar ein anderes Bild: Erdkabel benötigen viel mehr Material, die Herstellung ist energieintensiver, und die sogenannten Kompensationsverluste sind höher. Unter dem Strich schneiden Freileitungen ökologisch deutlich besser ab.
Fazit
Wir alle brauchen Strom. Für eine sichere, bezahlbare und ökologische Stromversorgung und eine zügige Modernisierung der Infrastruktur braucht es Freileitungen im Übertragungsnetz. Erdkabel können in klar definierten Ausnahmefällen sinnvoll sein. Werden sie allerdings zu zahlreich, schaden sie der Versorgungssicherheit.