Innovation

Eine robuste Spannungsgrenze

Neue Decision Support Tools können bei der Beurteilung der Spannungsstabilität helfen

Autorin: Stephanie Bos


Mit der Energiewende wandelt sich das Energiesystem von Grund auf und das bringt verschiedene Herausforderungen für alle Stakeholder der Energiebranche mit sich. Eine dieser Herausforderung ist die Spannungsstabilität. Mit dem Wegfall von grossen konventionellen Kraftwerken wird sich die Spannungshaltung in Zukunft anspruchsvoller gestalten und den Systembetrieb fordern. Neue Decision Support Tools könnten in Zukunft bei der Beurteilung der Spannungsstabilität helfen, indem sie Handlungsoptionen aufzeigen. Katharina Kaiser hat sich diesem Thema in ihrer Masterarbeit an der ETH Zürich gewidmet und wurde dabei von Swissgrid begleitet. Ihre Arbeit ist der erste Schritt für die Entwicklung solcher Tools. Im Interview erzählt sie, was sie genau untersucht hat und wie es mit den Ergebnissen weitergehen könnte.


Um was geht es bei Ihrer Masterarbeit genau?
Katharina Kaiser: Ich habe in meiner Masterarbeit an einer Methode gearbeitet, die es ermöglicht, eine robuste untere Spannungsgrenze zu bestimmen. Mit robust meine ich, dass sie für eine Vielzahl von unterschiedlichen Betriebsbedingungen gültig ist. Wir haben das Netz aus einer rein statischen Sicht betrachtet. Das heisst wir betrachten einzelne Betriebspunkte und keine dynamischen Änderungen. Zunächst musste definiert werden, welcher Betriebspunkt für die Bestimmung der unteren Spannungsgrenze ausschlaggebend ist. Und dann ging es natürlich darum, wie wir genau diesen Punkt finden. Spannungsstabilität wird oft mit Hilfe von sogenannten «nose curves» für ein einfaches System mit einem Generator, einer Leitung und einer Last veranschaulicht. In diesem Fall kann die kritische Spannung als die Spannung bei der maximal übertragbaren Wirkleistung leicht bestimmt werden. Für ein reales Netz ist das jedoch deutlich komplexer. Auch hier kann ein kritischer Spannungswert für ein bestimmtes Belastungsszenario bestimmt werden. Allerdings gibt es sehr viele Kombinationen bzgl. wie viel Wirk- und Blindleistung an einem bestimmten Punkt im Netz eingespeist oder bezogen wird. Es sind zu viele, um jede davon einzeln zu analysieren. Deshalb haben wir einen iterativen Algorithmus erarbeitet, mit dem der entscheidende Betriebspunkt gefunden werden kann.

Für die Planung und für die Überwachung des Netzes in Echtzeit werden Spannungsgrenzen benötigt, die sicherstellen, dass das Netz stabil bleibt.

Katharina Kaiser

 
Wieso ist die untere Spannungsgrenze für den Netzbetrieb von Bedeutung?
Spannungsinstabilität kann zu grossflächigen Ausfällen führen und somit die sichere Stromversorgung gefährden. Für die Planung und für die Überwachung des Netzes in Echtzeit werden daher Grenzen benötigt, die sicherstellen, dass das Netz stabil bleibt. Die obere Spannungsgrenze wird so bestimmt, dass die Komponenten der Spannung standhalten und sie nicht beschädigt werden. Die untere Grenze dagegen muss sicherstellen, dass das Netz nicht an seine Grenze bezüglich der maximal übertragbaren Leistung gerät. Der steigende Bedarf an elektrischer Energie und Änderungen in der Struktur der Energieerzeugung sind nur zwei der aktuellen Entwicklungen, die Änderungen für den Netzbetrieb und die Spannungshaltung mit sich bringen. Auch für zukünftige Erzeugungs-, Transit-, und Verbrauchsmuster muss die Netzstabilität sichergestellt werden. Deshalb ist es wichtig, dass die untere Spannungsgrenze die Variation der möglichen Betriebspunkte abdeckt.

Wie könnten sich die Ergebnisse Ihrer Masterarbeit weiterentwickeln, passiert das allenfalls bereits?
In meiner Arbeit lag der Fokus sehr stark auf der Methodik. Nach der Definition des gesuchten Betriebspunkts ging es darum, den Algorithmus zu entwickeln und zu zeigen, dass er funktioniert. In Anbetracht des zeitlichen Rahmens mussten wir dazu Annahmen treffen, die das Problem und die Implementierung vereinfachen. Z.B. haben wir angenommen, dass es keine Wirkleistungsverluste im Netz gibt. Die Spannungswerte, die ich in meiner Arbeit ermittelt habe, sind nur unter den getroffenen Annahmen gültig. Um einen aussagekräftigen Wert für die untere Spannungsgrenze zu erhalten, müssen fehlende Funktionen integriert und Annahmen für bestimmte Parameter überprüft werden, z.B. mit Hilfe von historischen Daten.

Im Bereich Stromnetze stehen aktuell und in Zukunft viele Herausforderungen an, speziell mit Blick auf die Energiewende.

Katharina Kaiser

 
Die Elektrotechnik ist ein weites Feld, was hat Ihr Interesse an dieser Thematik geweckt?
Mein Thema sollte etwas mit Stromnetzen zu tun haben. In diesem Bereich stehen aktuell und in Zukunft viele Herausforderungen an, speziell mit Blick auf die Energiewende. Diese möchte ich mitangehen und deshalb wollte ich mich auch in der Masterarbeit darauf fokussieren. Dass es um Spannungshaltung geht, hat sich eher ergeben, als dass ich explizit danach gesucht hätte. Hier habe ich das Potential gesehen, das Erlernte aus den Vorlesungen gut anwenden zu können, und mich tiefer in die Theorie einarbeiten zu können. Dass die Arbeit in Kooperation mit Swissgrid angeboten wurde, war für mich ein weiterer positiver Punkt. Hier habe ich die Chance gesehen, ganz nebenbei Einblicke in das Unternehmen zu erhalten und Kontakte knüpfen zu können.

Wie ist der Kontakt mit Swissgrid zustande gekommen?
Das war recht unkompliziert. Ich hatte mich am Power Systems Laboratory der ETH nach möglichen Themen für die Arbeit umgeschaut. Johanna Vorwerk, die mich später auch von Seiten der ETH unterstützt und betreut hat, hat den Kontakt zu Swissgrid hergestellt. Nach einem kurzen Kennenlernen mit den Beteiligten bei Swissgrid und einem Austausch über die Hintergründe und Ziele der Arbeit war klar, dass das mein Thema sein wird.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Swissgrid erlebt?
Sehr positiv! Ich muss zugeben, ich hatte mir die Unternehmenskultur eher konservativ vorgestellt. Umso mehr hat es mich gefreut, vom Gegenteil überrascht zu werden. Die Kolleginnen und Kollegen waren sehr offen, ich wurde in Team- und Ableitungsevents integriert und bin immer gerne nach Aarau gekommen. Bezüglich der Betreuung meiner Masterarbeit kann ich mich denke ich auch sehr glücklich schätzen. Mit Marc Hohmann, Stavros Karagiannopoulos und Fabian Streiff haben sich gleich drei Kollegen regelmässig die Zeit genommen, um mögliche Lösungen zu diskutieren und mir Feedback zu geben. Da habe ich viel dazu gelernt. An der Stelle nochmal vielen Dank für die Möglichkeit, meine Masterarbeit bei Swissgrid zu schreiben.


Autorin

Stephanie Bos
Stephanie Bos

Communication Manager


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