Damit die Energiewende in der Schweiz gelingen und die Versorgungssicherheit langfristig gewährleistet werden kann, ist der Zubau an inländischer Produktionskapazität essentiell. Dies wurde im Kontext der Versorgungssituation im Winter 2022/2023 noch klarer. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, hat das Parlament das Gesetz «Dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» im Oktober 2022 mit Gültigkeit bis 2025 erlassen. Mit dem Gesetz erleichtert das Parlament unter anderem die Bewilligung von Photovoltaik-Grossanlagen und stellt für solche eine Förderung bis zu 60 Prozent der Investitionskosten bereit. So sollen bis Ausserkrafttreten des besagten Gesetzes ganze 2 TWh Solarstrom zusätzlich produziert werden. Seit dem neuen Gesetz sind alpine Photovoltaik-Anlagen in aller Munde und werden in Medien sowie in der Bevölkerung diskutiert. Alpine Solaranlagen deshalb, weil auf grosser Höhe im Winter mehr Strom produziert werden kann als mit vergleichbaren Anlagen im Flachland.

Die vom Parlament gesetzten Anreize wirken. In den Schweizer Gebirgskantonen gibt es verschiedene solche Projekte, die nun bis 2025 umgesetzt werden wollen. Eines dieser Projekte ist Grengiols-Solar. Auf über 2000 Metern Höhe, oberhalb der Gemeinde Grengiols im Oberwallis soll auf einer Fläche von rund drei Quadratkilometern eine alpine Solaranlage entstehen. Die kürzlich abgeschlossene Machbarkeitsstudie von FMV zum Projekt zeigt, Grengiols-Solar könnte jährlich über 600 GWh Strom produzieren. Fast die Hälfte davon im Winter. Dies deckt den Strombedarf von rund 200'000 Haushalten.

Auf über 2000 Metern Höhe, oberhalb der Gemeinde Grengiols im Oberwallis soll auf einer Fläche von rund drei Quadratkilometern eine alpine Solaranlage entstehen.

Visualisierung Grengiols-Solar (Quelle: Grengiols-Solar)

Ohne Netzanschluss keine Produktion

Bei der Planung neuer Produktionsanlagen wie Grengiols-Solar müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Ein ganz wesentlicher, ist der Anschluss ans Stromnetz. Ohne kann der produzierte Strom nicht abtransportiert werden. Die Produktion der Wasserkraft, insbesondere im Sommerhalbjahr, lastet das bestehende Verteil- und Übertragungsnetz bereits nahezu vollständig aus. Je nach Leistung des geplanten Kraftwerks oder je nach Netzverfügbarkeit am gewählten Standort wird die Anlage an eine der sieben Spannungsebenen angeschlossen. Ans Höchstspannungsnetz von Swissgrid kommen grundsätzlich nur sehr grosse Kraftwerke. Eine Produktionsanlage mit einer Leistung von 150-300 MW wird ans 220-Kilovolt-Netz angeschlossen, noch leistungsstärkere Kraftwerke kommen ans 380-Kilovolt-Netz.

Wichtig ist, dass der Netzanschluss für den Abtransport der Energie gleichzeitig mit der Photovoltaik-Anlage realisiert wird. Projekte für neue Netzanschlüsse können bis zu 15 Jahre Zeit für Planung, Genehmigung und Bau erfordern. Damit dieser Anschluss zeitgerecht abgeschlossen werden kann, muss Swissgrid bereits in der Planungsphase des Kraftwerks miteinbezogen werden. Die Kraftwerksbetreiberin stellt ein Netzanschlussgesuch an Swissgrid, in dem die Versorgungssicherheit, die Versorgungsqualität sowie die technischen Anforderungen für den Anschluss überprüft werden. Swissgrid bezieht ausserdem die aktuellen Netzverhältnisse und den aktuellen Stand der Netzentwicklung mit ein. Bei grossen Kraftwerken braucht es unmittelbar vor Ort genügend Netzkapazitäten. Aber auch die nachgelagerten Netze – Transformatoren und Übertragungsnetzleitungen – müssen die zusätzlich produzierte Energie abtransportieren können. Dies muss bei jedem Netzanschlussgesuch individuell untersucht werden.

Projekte für neue Netzanschlüsse können bis zu 15 Jahre Zeit für Planung, Genehmigung und Bau erfordern.

Netzsituation im Wallis

Soweit die Theorie, doch wie sieht es jetzt mit Grengiols-Solar im Wallis aus? Speicherkapazitäten wie das Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance können in gewissem Umfang dazu dienen, die Energieproduktion aus alpinen Photovoltaik-Anlagen ins Netz zu integrieren. Für den geplanten Zubau der Photovoltaik, die auch im Sommer viel Strom produzieren wird, wurde und ist das Stromnetz heute noch nicht ausgelegt. Daher braucht es auch für den Anschluss von Grengiols-Solar die nötigen Kapazitäten im Höchstspannungsnetz, um den zusätzlichen Strom transportieren zu können.

Das Schweizer Übertragungsnetz weist bereits heute strukturelle Engpässe auf. Die Netzinfrastruktur im Kanton Wallis ist davon besonders betroffen. Mit dem Aus- und Neubau auf 380 Kilovolt zwischen Mörel und Ulrichen wird bald ein Flaschenhals im Höchstspannungsnetz im Wallis behoben sein. Die neue Leitung hätte genügend Leistung, um die produzierte Energie aus Grengiols-Solar zu übertragen. Doch eben auch die nachgelagerten Netze müssen die notwendige Kapazität aufweisen. Swissgrid hat dazu eine Netzstudie gemacht. Das Resultat: Zwar könnte das lokale Netz die eingespeiste Energie transportieren. Aber bereits nach der nächsten Schaltanlage ist das Netz zu schwach. Deshalb ist es wichtig, auch weitere Netzprojekte bald zu realisieren. Dazu gehören die Projekte Chippis – Mörel, Airolo – Lavorgo und auch die Spannungserhöhung der Gemmileitung. Im Unterwerk Mörel wird ein neuer Transformator installiert. Sie alle befinden sich derzeit im Bewilligungsverfahren des Bundes oder sind durch Gerichtsverfahren blockiert.

Zum Vergleich: Im Kanton Graubünden wurde das Übertragungsnetz bereits für einen Betrieb mit 380 kV gebaut und wird für Kapazitätserhöhungen weiter optimiert. Im aktuellen Übertragungsnetz im Kanton Graubünden gibt es mit den bestehenden 380-kV-Verbindungen Richtung Mittelland weniger Einschränkungen. Jedoch sind bereits heute grosse Wasserkraftwerke ans Übertragungsnetz angeschlossen, welche die Kapazitäten im Übertragungsnetz zeitweise auslasten.

Die Montagearbeiten für die neue Höchstspannungsleitung zwischen Mörel-Filet und Ulrichen sind bereits weit fortgeschritten.
1/2: Die Montagearbeiten für die neue Höchstspannungsleitung zwischen Mörel-Filet und Ulrichen sind bereits weit fortgeschritten.
Die Montagearbeiten für die neue Höchstspannungsleitung zwischen Mörel-Filet und Ulrichen sind bereits weit fortgeschritten.
2/2: Die Montagearbeiten für die neue Höchstspannungsleitung zwischen Mörel-Filet und Ulrichen sind bereits weit fortgeschritten.

Netzanschlüsse schneller bewilligen

Der Anschluss von neuen Kraftwerken und der Abtransport der Energie zu den Verbrauchszentren benötigt ausreichend Vorlaufzeit und Planungssicherheit, ansonsten kann dies nicht gewährleistet werden. Swissgrid begrüsst jegliche Massnahmen, die zum Ausbau der inländischen Stromproduktion beitragen. In diesem Kontext darf aber das Netz nicht vergessen gehen. Der Netzausbau hält schon heute nicht mit dem Kraftwerksausbau mit. Die Bewilligungsverfahren und das Bewilligungstempo bei Netzprojekten müssen rasch verbessert und beschleunigt werden, um neu gebaute Anlagen (Erzeugung, Verbrauch, Speicher) zeitnah ans Netz anschliessen zu können. Nur so dient das Übertragungsnetz auch in Zukunft als Rückgrat für eine sichere Stromversorgung und trägt dazu bei, dass die Energiewende gelingen kann.



Autorin

Stephanie Bos
Stephanie Bos

Communication Manager


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