«Die 3D-Daten eröffnen ein ganzes Spektrum an Möglichkeiten», sagt Florian Leber, Application Owner bei Swissgrid, begeistert. Auf Knopfdruck formiert sich auf den schwarzen Bildschirmen eine Wolke aus bunten Punkten zum Bild einer Höchstspannungsleitung, konkret der 220-kV-Leitung Breite-Landquart von Swissgrid und dem dazugehörigen 200 Meter breiten Korridor. In der Punktwolke werden Strommasten, Leiterseile, das Erdseil, Mastsockel, die Erdoberfläche, aber auch Bäume und Sträucher, Strassen, Wege und Gebäude sichtbar.

Noch nie verfügte Swissgrid über so präzise Daten zu den Leitungen. Das gesamte Schweizer Übertragungsnetz ist in diesem neuen, digitalen 3D-Modell erfasst. Damit sind Informationen zu den Anlagen und deren Umgebung vom Schreibtisch aus per Mausklick verfügbar. Die Mitarbeitenden an den einzelnen Stützpunkten, zum Beispiel Ingenieure, Projektleiter oder Anlagenverantwortliche, haben alle Zugriff auf die gleiche Datenbasis.

Zusammen mit seinem Arbeitskollegen Markus Willi ist Florian Leber jetzt daran, diesen immensen Datensatz zu bearbeiten und für verschiedene Anwendungen nutzbar zu machen. Zurzeit sind sie an der Berechnung der Vegetation in Leitungsnähe. Diese Daten bedeuten für Anlagenverantwortliche und Förster eine grosse Vereinfachung der Arbeit. Bisher kontrollierten die Swissgrid Förster oder externe Dienstleister die Leitungstrassees ausschliesslich auf Sicht. Sie mussten also 3600 Km Trassees mit einem Fahrzeug abfahren, zu Fuss abgehen oder in besonders unwegsamem Gebiet per Helikopter abfliegen. Dank den neuen 3D-Daten kann jetzt der genaue Abstand eines jeden Baums und Buschs zu den Leiterseilen berechnet werden. Dabei lassen sich verschiedene Szenarien simulieren. Bei heissem Wetter beispielsweise dehnt sich eine Leitung aus und hängt weiter durch. Wind kann die Leiterseile in Schwingung versetzen. Ist also der Sicherheitsabstand eines Baumes auch im Hochsommer oder im Falle von starkem Wind noch gegeben? All diese Situationen können mit dem 3D-Modell simuliert werden. Eine erste Analyse ist somit vom Schreibtisch aus möglich. Anschliessend kann der Förster zielgerichtet die heiklen Stellen inspizieren und allfällige Massnahmen definieren. Ein hoher Gewinn an Effizienz.

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Das 3D-Modell kann noch viel mehr: Florian öffnet verschiedene Applikationen und startet verschiedene Simulationen, beispielsweise das Szenario Eislast: das System berechnet in kurzer Zeit, welchen Einfluss das Gewicht des Schnees und Eises auf die Distanz der Leiterseile zum Boden hat. Das ist wichtig, damit die gesetzlich festgelegten Mindestabstände eingehalten werden können, etwa damit keine Überschläge (Lichtbogen) auf Objekte in Bodennähe erfolgen können.

Für die heutige Praxis sind allein schon die Basisdaten von grosser Bedeutung. Sie geben auch ohne Simulationen präzise Informationen zu den Anlagen und deren Umgebung. Das macht das Erteilen von Auskünften, beispielsweise an Bauherren in Leitungsnähe oder die Planung anstehender Unterhaltsarbeiten für die Anlagenverantwortlichen sehr viel einfacher. Das 3D-Modell liefert also wertvolle Daten, die letztlich den Betrieb vereinfachen und somit die Versorgungssicherheit erhöhen.

Bereits die Gewinnung dieser 3D-Daten und die Erstellung des 3D-Modells war ein grosses Projekt. Jede Leitung wurde per Helikopter abgeflogen und mittels digitaler Luftfotografie (Orthofotos) und modernster Scantechnik (Airborne Laser Scanning) erfasst. 2018 wurde dieser Teil des Projekts abgeschlossen.

Die Aufnahmen der Leitungen im Übertragungsnetz werden nach Umbauten laufend ergänzt, zusätzlich werden die Daten zur Vegetation alle zwei Jahre neu erhoben. Zum bestehenden kommt also ein neuer Datensatz hinzu. Verknüpft mit den bereits bestehenden Informationen ermöglichen sich noch einmal ganz neue Berechnungen. Wie verändert sich beispielsweise die Vegetation in den Leitungskorridoren innerhalb von zwei Jahren? «Das sind noch die simpelsten Fragen, die die Daten verraten werden», weiss Florian und lacht.


Autor

Kaspar Haffner

Communication Manager



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